...und das trifft auf den November 2018 in besonderer Weise zu. Die Welt erinnert an das Ende des I.Weltkrieges vor 100 Jahren und an die Reichspogromnacht, die vor 80 Jahren das wohl dunkelste Kapitel deutscher Geschichte einläutete.
„Diejenigen, die sich nicht an die Vergangenheit erinnern, sind dazu verdammt sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat des spanischen Philosophen George Santayana konnten die Schüler der Jahrgangsstufe 10 bei ihrer Studienfahrt nach Krakau im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz lesen und die Fachschaft Geschichte unseres Gymnasiums betrachtet es als ihre Aufgabe, unsere Schüler mit der Geschichte vertraut zu machen, um genau das nicht zuzulassen.
Während nun der LK Geschichte im Schuljahr 2017/2018 die Schlachtfelder des I. Weltkrieges sowie das Memorial de Verdun und das Beinhaus von Douaumont besuchte, liegt der Schwerpunkt in diesem Schuljahr auf der Geschichte des Holocoust.
Bereits im vergangenen Schuljahr hatte das RSG die Patenschaft für zwei Stolpersteine in der Karl-Heine-Str. 47 übernommen, mit denen Dr. Georg Rosenbaum und seiner Mutter Emma Rosenbaum gedacht wird. Der als Kind unter dieser Adresse wohnende Sohn der Familie, Manfred Rosenbaum, *1923, plant im Rahmen der Jüdischen Woche 2019 nach Leipzig zu kommen und wir sind stolz für dieses Ereignis von der Stadt Leipzig als Partnerschule ausgewählt worden zu sein. Für den Aufenthalt der zum Teil hochbetagten jüdischen Gäste aus der ganzen Welt wird die Jahrgangsstufe 9 zwei Projekte beisteuern: einen Stadtteilrundgang in Lindenau, der an ermordete jüdische Mitbürger erinnert und ein Projekt, das sich mit Antisemitismus im Alltag befasst.
In Vorbereitung dieses Höhepunktes nahmen wir die Möglichkeit von Zeitzeugengesprächen nur zu gern wahr. So hatten zwei 9. Klassen im Ariowitsch- Haus die Gelegenheit Schlomo Samson zu hören, einen ehemaligen Leipziger, der die KZs Westerborg/NL und Bergen-Belsen, einen Todesmarsch und Flecktyphus überlebt hat und nun in einem Kibbutz in Israel lebt. Schlomo Samson kommt in regelmäßigen Abständen nach Deutschland, um mit jungen Menschen über seine Erfahrungen zu sprechen und ihre Fragen zu beantworten. Und die Schüler stellten so viele Fragen, dass der ursprünglich geplante Zeitrahmen um Einiges überschritten wurde.
Ebenso einprägsam war der Besuch von Eva Wechsmann (*1922) an unserer Schule. In der Aula berichtete sie vor der gesamten Oberstufe von ihrem behüteten Leben als Tochter einer jüdischen Arztfamilie in Leipzig – Gohlis, das nach der Machtübernahme Hitlers langsam aber stetig in sich zusammenfiel und wie ihnen schließlich die Ausreise in die USA gelang.
Eva Wechsmann ist eine wunderbare, liebenswerte und höchst beeindruckende Persönlichkeit, die sehr genau die Lebenswelt der jungen Menschen erspürt und so eine lebendige Beziehung zu ihnen aufbauen kann. Ihr Auftreten, ihre Offenheit und ihre Fröhlichkeit haben unsere Schüler beeindruckt Und genau das ist es ja, was sie gegen das Gift des Hasses gegen „Andere“ und insbesondere den aufflammenden Antisemitismus immun machen kann.
Ein weiterer Höhepunkt dieser eindrucksvollen Woche war die Teilnahme einer kleinen Delegation von Schülern der Jahrgangsstufe 9 an der offiziellen Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig an der ehemaligen Großen Synagoge in der Gottschedstraße . Für die Schüler ist das Thema zwar nicht neu, aber so nah sind sie ihm noch nie gekommen: die jungen Männer mit Kippa, die jiddischen Musikstücke und vor allem der Vortrag des Kantors der israelitischen Gemeinde haben sie quasi Judentum zum ersten Mal hautnah erleben lassen. Einen ebenso nachhaltigen Eindruck haben die Ansprachen der Zeitzeugin Eva Wechsmann, des Sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer, des Leipziger Verwaltungsbürgermeisters Hörnig und des Vorsitzenden der Israelitischen Gemeinde Küf Kaufmann hinterlassen.
Das Gedenken mit weißen Rosen und Steinen auf den leeren Stühlen war für uns alle dann eine besondere Herzensangelegenheit.
Evelin Neumann
Fachlehrerin Geschichte